Jetzt auch noch Kneipensterben in Berlin? Langsam reicht's, Ampel...
Systemrelevant: Dr. Flotte
Menschen brauchen Kneipen. Wenn wir hören, dass jede vierte vor der Insolvenz steht, müssen wir weinen. Wir wären ziemlich hart im Nehmen, wenn z.B. Starbucks oder McDonald`s endlich stürben, aber ECHTE KNEIPEN wollen wir nicht kaputt gehen sehen. Jedesmal stirbt dann nämlich auch ein Engel, und wer kann schon Engel sterben sehen. In diesen Zeiten. Eher lassen wir Krauss-Maffei untergehen, die Lufthansa, Airbus oder Bosch und Bayer.
In Kneipen, als "Salons der Armen" einst bedeutende Stützpfeiler im Leben von Arbeitern, wird eine ganze Kultur komplexer Verhaltensweisen gelebt, die nirgendwo sonst vorkommen: von der Diskussion über die toten Winkel der Ontologie über die solide Planung der kommenden Weltrevolution (am nächsten Tag leider: vergessen) bis zur Bestellung sieben frisch gezapfter großer Biere mit Schaum obendrauf plus drei Kleine (Bier zum Bier), zzgl. 12 mal Herrengedeck & fünf Flaschen Wegbier - mit einem einzigen Blick zum Tresen.
In der Hauptsache ist eine Kneipe kein physikalischer, sondern ein sozialer Raum, dessen Teilnehmer sich in „ausfaltbarer Handlungssubjektivität“ aufeinander beziehen. Ein Kneipenbesuch unterscheidet sich grundlegend von Fußball, Kino oder Internet; Veranstaltungen also, deren Prinzip - auch wo Leute in Massen auftreten - die VEREINZELUNG ist, stehen Dr. Flotte, Fischlabor, Hackbar und das Gasthaus Lentz diametral entgegen. Als "eine auf Teilnahme, Kollektivität und Aktivität hin angelegte Institution“ ist die Kneipe der Garant „individueller Resistenz gegen die ständige Umwälzung der Lebenszusammenhänge" und "die Unverschämtheit kommerziell-freizeitindustrieller und massenmedialer Ausbeutung der Privatsphäre“. Und sie schützt davor zuverlässiger "als die verschlossenen Wände des Wohnzimmers".
Da das wohl erst mal alles ist, was wir tu…
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[2024-02-03 10:29 UTC]